Roland Scheck

Auch bewilligtes Bauprojekt kann verhindert werden

Volksinitiative «Hafenkräne-Nein»

Anlässlich der Vorprüfung der Volksinitiative «Hafenkräne-Nein» hat der Stadtrat von Zürich ein völlig missglücktes Presse Communiqué herausgegeben. Anstatt wertungsfrei über die festgestellte Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften zu berichten, stichelt er öffentlich gegen die Volksinitiative.

Die Volksinitiative «Hafenkräne-Nein» fordert, dass mit Ausnahme der für die Zürichsee- und Limmatschifffahrt und die professionelle und private Binnenschifffahrt notwendigen Infrastrukturen keine weitere Hafeninfrastruktur aufgestellt werden darf. Die Volksinitiative stellt damit sicher, dass es in der Geschichte der Stadt Zürich nie mehr einen Fall Hafenkran geben wird.

Wertung nicht opportun
Das Initiativkomitee «Hafenkräne-Nein» nahm deshalb die Medienmitteilung des Stadtrats vom 24. Oktober 2012 mit grossem Erstaunen zur Kenntnis. Anstatt die Öffentlichkeit über die erfolgreiche Vorprüfung der Volksinitiative zu informieren, in deren Rahmen der Stadtrat die Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften feststellte, lautete der Titel der Medienmitteilung: «Bewilligtes Bauprojekt kann nicht durch Volksinitiative verhindert werden». In Ergänzung zu juristischen Erklärungen geht die stadträtliche Medienmitteilung irrelevanterweise auch auf vergangene Arbeitsschritte in der formalen Ausgestaltung der Initiative ein. In seiner Medien-Mitteilung zur Bekanntgabe des Vorprüfungs-Resultats über die Volksinitiative «Hafenkräne-Nein» nahm der Stadtrat eine Wertung vor, die in diesem Zusammenhang in keiner Weise opportun ist.

Politischer Druck wird erhöht
Die Volksinitiative wird nicht nur sämtliche zukünftigen Kunstprojekte mit Hafeninfrastruktur im öffentlichen Raum unterbinden, sondern gleichzeitig auch den politischen Druck auf den Stadtrat erhöhen. Und zwar in einem Ausmass, das den Stadtrat eigentlich dazu bringen müsste, auf das Aufstellen des Hafenkrans zu verzichten. Die bereits heute unerfreuliche finanzielle Situation der Stadt Zürich wird sich bis 2014 angesichts der wirtschaftlichen Lage nicht verbessern. 2014 ist auch Wahljahr und mit der bis dann zustande gekommenen Initiative «Hafenkräne-Nein» liegt dem Stadtrat ein wuchtiges Misstrauensvotum der Bevölkerung vor. Vor diesem Hintergrund wird nicht einmal dieser Stadtrat die Skrupellosigkeit besitzen, sinnlos Steuergeld zu verschleudern, die Stadt zu verschandeln und den Volkswillen derart mit Füssen zu treten.

Stadtrat pokert hoch
Die Medienmitteilung des Stadtrats erstaunt in seiner Absolutheit aber auch auf der juristischen Ebene. Offenbar ist ihm nicht bewusst, dass die durch seinen Rechtskonsulenten jeweils zitierten Verwaltungsgerichtsurteile gar nicht auf den konkreten Fall Hafenkran anwendbar sind. Auch scheint ihm nicht bewusst zu sein, dass die Ausgangslage bei einer allfälligen Annahme der Initiative durch das Stimmvolk zum Zeitpunkt vor der eigentlichen Realisierung des Hafenkrans juristisch offen ist. Ausgewiesene Baurechtsspezialisten sehen in diesem Fall nämlich den geplanten Hafenkran auf juristischem Weg als verhinderbar. Nur wenn die Volksabstimmung über die Volksinitiative «Hafenkräne-Nein» nach dem Aufstellen des Hafenkrans stattfinden sollte, gäbe es keinen Weg mehr, den Hafenkran zu verhindern. Aber dazu wird es nicht kommen, denn die Volksinitiative «Hafenkräne-Nein» wird politisch bewirken, dass der Stadtrat den geplanten Hafenkran gar nicht erst aufstellt.
Wenn der Stadtrat also mit seiner mutigen Aussage «Bewilligtes Bauprojekt kann nicht durch Volksinitiative verhindert werden» hoch pokert, hält das Initiativkomitee mit folgender Antithese dagegen: «Mit Volksinitiative kann auch bewilligtes Bauprojekt verhindert werden».

Artikel erschienen am 09.11.2012 im «Der Zürcher Bote»