Roland Scheck

Fertig verrichtet

Mehr als sieben Millionen Franken hat es gekostet, das sozialistische Meisterwerk. Ein staatlicher Autostrich sollte eine neue Zeitrechnung in der Prostitution einläuten. «Verrichtungsboxen» war das Zauberwort, mit dem das rot-grüne Zürich das älteste Gewerbe der Welt neu erfinden wollte. Den Skeptikern wurden im Minutentakt Gutmenschenparolen um die Ohren gehauen. Wer das Ansinnen hinterfragte, sah sich dem moralistischen Vorwurf ausgesetzt, nichts gegen den Menschenhandel tun zu wollen und die Ausbeutung von Frauen zu fördern.

Auch die Sozialindustrie brachte sich in Stellung. In der neuen Verrichtungsanlage entstand ein grossangelegter Pavillon der Frauenberatungsstelle Flora Dora. Und die sip züri sicherte sich den Auftrag, mittels Patrouillen die Einhaltung der Platzordnung sicherzustellen.

Dass ein derartiger Behördenstrich gar nicht funktionieren kann, interessierte die roten Weltverbesserer nicht im Geringsten. Die spezifischen Eigenschaften eines Autostrichs beruhen auf absoluter Anonymität. Ein Eingangstor, Beamten-Patrouillen, ein Sozialarbeiterpavillon und normierte Einstellplätze sind nun definitiv nicht das, was ein Autostrich-Freier sucht.

Aber vor lauter Welt verbessern blieb halt keine Zeit mehr, die Funktionsweise eines Autostrichs zu analysieren. Und in Kombination mit dem Credo der anderen Parteien, keinesfalls auf die SVP zu hören, ist es gekommen, wie es kommen musste. Das Geld ist ausgegeben, die Verrichtungsanlage ist gebaut. Aber sie funktioniert nicht. Es ist nicht das geworden, was der Kunde sucht. Die Nachfrage bleibt aus und dementsprechend auch das Angebot.

Irgendwann fiel das auch dem Stadtrat auf. Darauf tat er, was er mit Unterstützung seines Heers an Kommunikationsangestellten immer tut. Er verdrehte die Tatsachen. Im vergangenen Oktober bilanzierte der Stadtrat in einer Medienmitteilung, dass seine Strategie gemäss ersten Erfahrungen aufzugehen scheine.

Die betroffenen Frauen aber, welche die rot-grünen Weltverbesserer vor Ausbeutung und Menschenhandel schützen wollten, sehen das anders. Sie beklagen sich, dass es ihnen heute wesentlich schlechter geht als zuvor auf dem Sihlquai. Sie werden durch ihre Zuhälter in den Untergrund gezwungen oder in andere Städte verlegt.

Es scheint eine Gesetzmässigkeit zu sein, dass bei Gutmenschen der Schuss stets nach hinten losgeht. Aber was kann man mit einer brachliegenden Verrichtungsanlage anfangen? Umnutzen wäre eine Möglichkeit. Nur ist in diesem Fall klar, dass dieselben Gutmenschen als erstes einen Spurabbau zugunsten einer Velokomfortroute und Tempo 30 auf dem Depotweg fordern werden. 

Artikel erschienen am 20.12.2013 im «Der Zürcher Bote»