Roland Scheck

Weltenbummler

Eine Aufgabe, die man im Jobprofil eines städtischen Beamten nie vermuten würde, sind Dienstreisen ins Ausland. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Angestellten der Zürcher Stadtverwaltung sind rege Weltenbummler. Unvermutet, aber durchaus erklärbar in Anbetracht des politisch vorgesetzten Stadtrats. Dessen pathologisches Streben nach «internationaler Ausstrahlung» schlägt zwangsläufig in die Verwaltung durch.

Der Stadtrat hat in einem Beschluss festgehalten, dass die Stadtverwaltung gemäss Legislaturschwerpunkt «Nachhaltige Stadt Zürich – auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft» in ihrem umwelt- und gesundheitsrelevanten Handeln Vorbildfunktion einnehmen soll. Dazu gehört, dass für Dienstreisen die Bahn als umweltschonendstes Verkehrsmittel zu wählen ist. Bei Dienstreisen ins Ausland soll das Flugzeug nur dann eingesetzt werden, wenn die Bahnreise mehr als sechs Stunden dauert. Hinzu kommt, dass für alle Flüge die CO2-Emissionen mittels eines Klimatickets einer anerkannten Organisation zu kompensieren seien.

Was immer unsere Beamten im Ausland tun, sie tun es häufig. Im Jahr 2013 buchte die Zürcher Stadtverwaltung 676 Flüge. Die Liste der Flugdestinationen zeigt, dass der rot-grüne Stadtrat seine «internationale Ausstrahlung» inzwischen auf fast alle Kontinente ausgeweitet hat. Die Flugreisen im Jahr 2013 führten nach Europa, Nordamerika, Lateinamerika, Mittlerer Osten, Asien, Russland, Afrika und Ozeanien. Lediglich Antarktika blieb mit rot-grünen Missionsreisen verschont.

676 Flüge innerhalb eines Jahres. In Anbetracht dessen, dass Flugreisen nur in Ausnahmefällen zu tätigen sind, eine durchaus stattliche Anzahl. Man möchte daher gar nicht wissen, wie viele Bahnreisen ins Ausland unternommen werden. Denn auch die Bahnreisen haben es in sich. Die Vorgabe, dass bis zu einer Reisezeit von sechs Stunden die Bahn zu nehmen ist, hat zur Folge, dass der Steuerzahler auch noch unzählige Übernachtungen in Hotels finanzieren muss. Für Angelegenheiten, die man mit einer Flugreise innerhalb eines Tages erledigen könnte, benötigen unsere 2000-Watt-Beamten jeweils zwei Tage.

Eine rot-grüne Regierung samt ihrer 2000-Watt-Gesellschaft hat ihren Preis. Reisen ins Ausland, Kompensation von CO2-Emissionen, Reisezeitverluste, Hotelübernachtungen und vieles mehr. Dabei läge die Lösung auf der Hand: Der beste Beitrag an die Umwelt wäre, die Reisetätigkeit zurückzuschrauben oder ganz abzustellen. Niemand versteht, weshalb städtische Beamte in der Weltgeschichte herumreisen müssen. Sie sollen sich um unsere Stadt kümmern. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel des Steuerzahlers.

Artikel erschienen am 11.04.2014 im «Der Zürcher Bote»